Also. Das Buch ist ja nicht schlecht. Zu Trans*-Themen gibt es viel schlimmere Geschichten, und auch an den typischen Tonfall eines deutschen Jugendbuchs von vor 10 Jahren hab ich mcih nach ein paar Seiten gewöhnt.
Leider wird es in der zweiten Hälfte zu so einem "Problembuch", das ein Thema anhand einer exemplarischen Figur abhandelt und den Leser*innen dazu Informationen vermitteln soll. Ein Genre, das ich absolut nicht ausstehen kann. Aber ja, DAFÜR ist die Geschichte ehrlich recht gut.
Nur den Informationsteil, den bekommt es eben nicht wirklich hin. Mindestens drei Mal gibt es Blöcke von ca. 2 Seiten, die geballt Transkram vermitteln. Aber eben, nicht richtig gut. Die Trennung in "Gender" und "(biologisches) Geschlecht" ist tbh mehr transfeindlich als revolutionär, weil sie vor allem dazu führt, dass Leute mit Verweis auf ihre Körper misgendert werden "ja, schon ein Mann, aber EIGENTLICH, also, KÖRPERLICH…". Das muss nicht sein, eine Vulva ist nicht zwingend weiblich, Östrogen ist nicht zwingend weiblich, nicht, wenn der Körper eben einem mann gehört. Entsprechend wird auch das ganze Buch lang das Trope bedient, Jonny wäre "ein Mann im Körper einer Frau" - naja, danke für nichts.
Die Infos zur rechtlichen Lage in Deutschland sind an einem Punkt veraltet, aber okay, dafür kann das Buch nichts.
Und während die Abwesenheit nichtbinärer Charaktere mich nervt (außer in einer komischen Definition von transgender, von der ich nciht weiß, ob sie je verbreitet war, aber das kann schon sein), und es eine Stelle gibt, an der einfach neimand auf die Idee kommt, dass es in der queeren Szene auch Bis gibt (Jonny steht auf Frauen, also muss er in die Heterowelt, um welche zu finden, die auf Männer stehen - hä?) -
das eine, was ich sehr liebe an dem Buch, ist, dass es so viel queerer ist, als ich erwartet hätte. Es kommen verschiedenste Menschen vor, udn das großteils auf sehr okaye Art.
Viele problematische Verhaltensweisen werden reflektiert (zB mackernde trans Männer), aber komischerweise der Rassismus nie. Das ist echt mies für das Problembuch-Genre…
Aber, noch etwas schönes, immerhin gibt es ein paar schöne Freund*innenschaftsmomente.
Also, Ende der wirren Review - ich weiß echt nicht, was davon halten, aber es ist weder toll noch schrecklich. Leider wohl eines der besten deutschsprachigen Trans-Bücher, trotz allem. Und seeehr stark von Stone Butch Blues inspiriert, im gesamten Aufbau - ich weiß nicht, ob ich das nervig finde oder eher sympathisch.
edit: Der Abschnitt mit Medienempfehlungen zu trans ist… ich musste laut lachen. Ein Transmann wird misgendert, und der Film wird zusammengefasst mit dem tragischen Ende und all der Gewalt… und das wird trotzdem irgendwie positiv dargestellt. Hmmmmm. :D